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Care und Digitalisierung weben ein Netz vielfältiger Zusammenhänge. Umso wichtiger erscheint dabei eine genuin netzfeministische Perspektive, die Sorgearbeit in einer umfassenden Digitalisierung vielfältiger Lebensbereiche ernst nimmt.
von Ann-Kathrin Koster und Hannah Lichtenthäler
Care-Arbeit ist ein Kosmos unterschiedlicher Tätigkeiten: Sorgearbeit ist reproduktive Arbeit, insofern, als dass sie auf den Erhalt menschlichen Lebens abzielt und damit einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung leistet. Wenn Kinder nicht mehr den Weg in die Schule finden, Lebensmittel nicht mehr eingekauft und die Eltern nicht mehr unterstützt werden, dann stehen die Mühlen der Gesellschaft still. In all jene Felder halten digitale Anwendungen und Unterstützungen Einzug – sei es, weil wir unsere Lebensmittel bequem per App bestellen und nach Hause liefern können und auch die Reinigungskraft ganz unkompliziert per App vermittelt zu uns nach Hause kommen kann. Dienstleistungsangebote, die uns reproduktive Arbeiten abnehmen, werden in schier unendlichem Maße in die dafür vorgesehenen App-Stores gespült (Flink, Gorilla, Helping, etc).
Das ist jedoch nur ein kleiner Teil dessen, was sich über das Ineinandergreifen von Care und Digitalisierung betrachten lässt. Die Idee zum Dossier entstand vor der Beobachtung einer zunehmenden digitalen Begleitung des Prozesses des Eltern-Werdens und Eltern-Seins, aber auch der Entscheidung, nicht Eltern werden zu wollen. Einerseits geschieht dies in Form von Apps: Zyklus-Apps, Apps zur Verfolgung der Entwicklung des Fötus, zur Förderung der mentalen wie physischen Gesundheit während der Schwangerschaft, oder zur Förderung der Selbstbestimmung in der Schwangerschaft und während der Geburt. Andererseits bilden auch digitale Communities vor allem in sozialen Medien wie Instagram, Facebook oder Twitter einen wesentlichen Bezugspunkt reproduktiver Arbeit. Sie stellen neue Informationsnetzwerke dar, in denen Gleichgesinnte sich verbinden, Hilfe und Rat suchen, aber auch Anregungen und Empfehlungen aussprechen. Es entstehen neue Welten der #momtobe, #momsofinstagram oder der #momoftwo. Soziale Plattformen werden so zu zentralen Anlaufstellen für alle Neu-Eltern oder auch derjenigen, die keine werden wollen oder es sogar bereuen – #regrettingmotherhood. Darüber hinaus gibt es auch Apps, Menschen mit Kindern in ihrer Umgebung zusammenzubringen, um zu erleichtern andere Eltern kennenzulernen, eine Dating-App für Playdates mit den Kids sozusagen.
Hinter diesen Prozessen stehen grundlegende Forderungen feministischer Bewegungen, die zwar in unterschiedlichen Kontexten entstanden sind, doch trotzdem Gemeinsamkeiten aufzeigen. Es geht dabei vor allem um das Aufbrechen von patriarchalen Machtstrukturen und Ungleichheitsverhältnissen, die Diskriminierung fortführen und Ausschlüsse festigen und damit vor allem marginalisierte Personen aus den LGBTIQ+ und BIPoC Communities betreffen. Feministische Netzpolitik beschäftigt sich vor allem mit Fragen bezüglich Zugang zum und Teilhabe am Internet und digitalen Inhalten, Urheberrecht, Datenschutz, Überwachung, digitaler Öffentlichkeit sowie der Bekämpfung digitaler Gewalt.1 Diese grundlegenden feministischen Kämpfe um Zugang, Teilhabe, Repräsentanz, Sichtbarkeit, Schutz vor Überwachung und Gewalt finden sich auch in der Bewegung reproduktiver Rechte und sexueller Selbstbestimmung wieder. Darüber hinaus geht es auch um Gerechtigkeit, weshalb das Dossier auch auf das Konzept der reproduktiven Gerechtigkeit blickt, das in den 90er Jahren im Schwarzen Feminismus der USA entstand mit dem Ziel reproduktive Rechte mit sozialer Gerechtigkeit zu verknüpfen.2 Ziel dieses Dossiers ist es, Gemeinsamkeiten beider Konzepte herauszustellen und nach Visionen für eine gerechte, feministische, digitale Zukunft für alle Menschen – ob mit oder ohne Kinderwunsch – Ausschau zu halten.
Wir widmen uns reproduktiver Arbeit vor allem hinsichtlich der Rolle als Eltern – nicht nur bedingen Phasen der Schwangerschaft und damit letztlich die Geburt den Start neuer Beziehungsgeflechte – die Eltern-Kind-Beziehung wie auch Beziehungen zu anderen Eltern –, sie bringen im weiteren Verlauf mitunter auch neue reproduktive Tätigkeiten mit sich. Das umfasst sowohl die Arbeit und die Sorge um den eigenen Körper im Verlauf der Schwangerschaft wie auch die Sorge um das Heranwachsen des neuen Menschen, als auch im Anschluss daran die Umsorgung der Kinder und damit verbunden notwendigerweise weiterer anfallender Arbeiten. Neben den konkret materialistischen Aspekten wird der Prozess jedoch auch von neuen Zuschreibungen begleitet. Hier spielen Rollenerwartungen an (Nicht-)Eltern ebenso eine Rolle wie Geschlechterstereotype. Eltern-Werden oder -Sein geht auf besondere Weise mit der Perpetuierung verschiedener Geschlechterrollen einher – sei es das vermeintliche „Mutterideal“ oder das Sprechen über die neue „Vaterrolle“ oder aber das Ziel der Vereinbarkeit oder der gerechten Aufteilung von Care-Arbeit.
Wie steht es also um reproduktive Gerechtigkeit in Zeiten umfassender Digitalisierung? Welches Bild von Schwangerschaft und Elternschaft entsteht etwa in sozialen Medien? Trägt dieses zur Selbstermächtigung und Selbstbestimmung in Bezug auf Reproduktion bei? Wie wird Sorgearbeit vermittelt und inszeniert? Wir fragen aber auch danach, welche Angebote zur Unterstützung von Sorgearbeit und reproduktiver Rechte digitale Infrastrukturen bieten und wie diese genutzt werden können, ein realistisches Bild von Sorgearbeit zu zeichnen und dadurch gerade eine gerechte Aufteilung zu fördern und so emanzipative Momente zeitigen.
Digitale Angebote – allen voran das Internet und speziell die sozialen Medien – stellen gegenwärtig einen zentralen Ort des Informationsaustausches und damit der Wissensvermittlung dar. Neue Rollen und neue Arbeiten müssen gelernt, routiniert und internalisiert werden. Digitalisierung hilft dabei, indem wir uns binnen Sekunden unzählige Informationen erklicken können. In schnelllebigen Formaten und kurzen Texten, wie sie in sozialen Medien vorherrschen und eine große Reichweite erzielen wollen (#tl:dr), sind Stereotypen häufig zu finden. Deutlich wird: Die Verrichtung von Care-Arbeit ist in hohem Maße begleitet von Zuschreibungen. Weit verbreitet und tief verankert ist etwa die Annahme, Frauen seien in besonderem Maße für die Verrichtung von Sorgearbeit geeignet, da sie besonders liebevoll, sensibel und auf die Bedürfnisse anderer ausgerichtet seien. Frauen, also weiblich sozialisierte Personen, seien qua Natur dahingehend veranlagt, die Bedürfnisse von anderen zu befriedigen. Gleiches gilt für die Zuschreibung als Mutter – Mütter sollen gerade ihre Kinder selbst betreuen, sie sollen aufopferungsbereit sein und Kindern ein liebevolles Zuhause geben. Das schließt nicht selten die Notwendigkeit eines “perfekten” Familienheims ein. All jene Zuschreibungen, imaginäre wie auch stereotype, werden in sozialen Netzwerken propagiert, zur Schau gestellt und letztlich auch zum Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzung und Kritik. Mit solchen Stereotypen bricht der Twitteraccount @MayamitKind. Erzählt wird hier der Alltag einer polyamoren Patchwork-Familie aus der Sicht einer trans Mama. In ihrem Audiobeitrag schildert Maya den (nicht)emanzipativen Zusammenhang von Care-Arbeit und Digitalisierung. Maya spricht hier vor allem über die Bedeutung queerer Eltern-Communities in sozialen Netzwerken und den gleichzeitigen Herausforderungen im Umgang mit digitaler Gewalt in ebendiesen Räumen. Im Wiederabdruck des Missy-Artikels “Wer wird die Menschheit der Zukunft zur Welt bringen?” fordern Ulla Heinrichs und Anan Fries den engen Zusammenhang von Schwangerschaft und Weiblichkeit heraus, indem sie die Idee eines transhumanen Körpers durchspielen und so Schwangerschaft in nicht-binären Kategorien denken.
Lange schon hält sich die Beobachtung, dass gerade in heterosexuellen Beziehungen die Geburt von Kindern zu Re-Traditionalisierungsprozessen führe. Gemeint ist damit der Umstand, dass es überwiegend Frauen sind, die die neu anfallenden Tätigkeiten – insbesondere die Betreuung der Kinder – übernehmen – und das, obwohl sie in gleichberechtigten Beziehungen leb(t)en. Damit schreibt sich entgegen einer vermeintlichen Annahme einer zunehmenden Gleichberechtigung der Geschlechter vielmehr eine „Persistenz geschlechterdifferenzierter Arbeitsteilung“ fort (Müller/Zilien 2016: 410). Doch wie lässt sich dies erklären? Unterschiedliche Untersuchungen zeigen, dass dies bereits gefördert wird, bevor Kinder überhaupt geboren werden. Schwangerschaften sind hierbei also ein besonders sensibler Zeitraum, was eine mögliche paritätische Aufteilung von Care-Arbeit betrifft. So zeigten etwa Studien, dass eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung bereits in Geburtsvorbereitungen angestrebt werde, vor allem durch gezielte Ansprachen von Männern und Frauen und damit verbundenen traditionellen Zuschreibungen. Ein wichtiges Stichwort ist in diesem Kontext “mental load” – gemeint ist hier die Verantwortung, die mit der Organisation von alltäglichen Aufgaben einher geht, wobei diese kognitive Sorgearbeit als besonders belastend empfunden wird. Neben der aktiven Arbeit fallen hier vor allem das Drandenken und Nicht-Vergessen, das Kontrollieren und Nachfragen ins Gewicht. In ihrem Audiobeitrag geht Jo Lücke für uns genauer auf den Zusammenhang von Mental Load und Digitalisierung ein. Um genau diese (un)gerechte Aufgabenteilung plastisch zu veranschaulichen hat Johanna Fröhlich Zapata den Care-Rechner entwickelt. Ein erster Schritt kann, wie sie sagt, ”das Sichtbarmachen” eben jener ungerechten Verteilung sein. In ihrem Audiobeitrag stellt sie uns das Rechentool vor und erklärt, was sie zur Programmierung bewegt hat.
Solche Zuschreibungen schreiben sich in sozialen Netzwerken als Lernorte zukünftiger Eltern fort. Gerade hier lässt sich hinsichtlich zukünftiger Elternrollen eine Re-Traditionalisierung beobachten. Es sind zudem hauptsächlich weiße cis-Frauen in normativen Körpern, die ein traditionelles heteronormatives Bild von Familie vermarkten. Dies reproduziert Ausschlüsse von u.a. BIPoC Personen, nicht-binären Eltern, trans* Eltern oder queeren Eltern, die in diesem normativen Narrativ so gut wie nicht vorkommen. Das ist besonders heikel, da gerade werdene Eltern – und dabei insbesondere Mütter –, so Friederike Jage-D’Aprile, vermehrt nach Informationen auf sozialen Medien suchen und diese Plattformen auch von vor allem weißen, weiblich gelesene Personen in cis-heternormativen Beziehungen mit Beiträgen über Schwangerschaft, Kindererziehung und Care-Arbeit bespielt werden. So wird deutlich, dass gerade soziale Medien das Bedürfnis nach Wissen zu den Umständen des Familienlebens, von Schwangerschaft, Kindererziehung und Elternschaft zunehmend befriedigen – sie tun dies aber, wie Lisa Trautmann in ihrem Beitrag schreibt, indem sie „Frauen- und Mutterrolle[n] transportier[en], die eher den normativen Erwartungen von 1950 als 2020“ entsprechen. An vorderster Front steht die aufopferungsvolle Mutter, die sorglos Kinderbetreuung und Haushalt meistert – und wenn es gewünscht ist oder sein muss, auch gleich die Rolle einer erfolgreichen Unternehmerin verkörpert. Für solche Rollenbilder hat sich auf sozialen Medien der Begriff der erfolgreichen #Instamoms etabliert. Zwar zeigen auch die großen Profile hier und da Brüche im idyllischen Alltag – seien es Momente der Überforderung oder des Misslingens –, in erster Linie verkörpern sie alle jedoch ein Familien- bzw. Mutterideal, wie es auf sozialen Medien gesucht und erwartet wird: Perfekt, glanzvoll und zum Wohlfühlen, Probleme der Vereinbarkeit haben hier keinen Platz. Lisa Trautmann verwendet hier nicht als einzige die Zuschreibung einer toxic positivity. Im Wiederabdruck des Beitrags “KI can’t care. Mütterlichkeit im Zeitalter Künstlicher Intelligenz” von Hannah Lichtenthäler dass Mutterschaft in feministischen Diskursen oft als ein Randthema gilt. Sie setzt sich auf einer breiteren Ebene mit Bilder von Mutterschaft und Mütterlichkeit in digitalen Medien und im Kontext intelligenter Technologien auseinander und wie diese Wege aufzeigen könnten, das Thema aktiver in feministische Kämpfe einzubinden.
Dabei sollten wir nicht vergessen, dass soziale Medien meist von großen Tech-Unternehmen programmiert und bereitgestellt werden. Wie Lena Weber in ihrem Audio-Beitrag aufzeigt, besteht ein enger Zusammenhang zwischen ökonomischen Strukturen und Erwerbsarbeit, der sich auch im Digitalen fortschreibt. Hierbei gewinnt gerade jenes Unternehmen, welches die meisten und detailliertesten Daten über die eigenen User*innen generiert und diese gewinnbringend an Kund*innen vermitteln kann – damit diese wiederum gezielt Werbung für einen ausgewählten Personenkreis schalten und so den eigenen Absatz steigern. Gerade mit der Präsentation idyllischer Familienbilder und einer gelingenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf lässt sich eine Vielzahl an Bedürfnissen befriedigen. Sie stillen gerade in Krisenzeiten die Sehnsucht nach Normalität und lenken vielfach von den eigenen Problemen ab. Sie bieten vielfach Möglichkeiten zur Flucht aus der Realität – Wissensvermittlung und soziale Praktiken von Elternschaft sind somit in spezifische ökonomische Strukturen und damit zusammenhängende Interessen eingebettet. Soziale Medien sind auf das engste mit der Generierung von Einnahmen großer Tech-Unternehmen verbunden – und in diesem Kosmos nehmen eben jene reichweitenstarken #Instamoms eine wesentliche Rolle ein: Die Präsentation ihres privaten Familienlebens wird zum Beruf und ihr Handeln unterliegt nunmehr auch in hohem Maße ökonomischen Zwängen. Wie Ute Kalender in ihrem Beitrag aufzeigt, besteht die Arbeit solcher “digitalen Hausfrauen” an dem unermüdlichen Posten von Beiträgen, dem Liken anderer Beiträge und dem Aufrechterhalten sozialer Netzwerke – dabei ist ein Großteil ihrer Arbeit jedoch nicht entlohnt, wie Ute Kalender schreibt, denn ein nicht unwesentlicher Teil “ihrer erwirtschafteten Gewinne geht […] nicht an sie sondern als Profite an die Plattformbesitzenden und Unternehmen. Mark Zuckerberg gehört bekanntlich zu den reichsten Menschen der Welt.” Diesen Eindruck unterstützt Chris Köver in ihrem Audiobeitrag. Über das Klicken und Liken hinaus, geht es vor allem darum digitale Sorgearbeit als solche anzuerkennen und zu verdeutlichen, dass Mikropraktiken auf sozialen Medien – das umfassende kommentieren und moderieren von Kommentaren unter Posts, das Anzeigen von Hassnachrichten und diffamierenden Bildern, das füreinander Dasein unter Betroffenen von digitaler Gewalt – zentrale Stütze des Plattformkapitalismus darstellen.
Wir sollten also die Aktivitäten und das Engagement in sozialen Netzwerken nicht lediglich als eine Form von Eskapismus abtun. Vielmehr sollten wir die sich dort entfaltenden Praktiken gerade in ihrer wirklichkeitsstiftenden Wirkung ernstnehmen. Durch die Präsentation spezifischer Geschlechterrollen wird ein Normalzustand konstruiert und festgeschrieben, der kaum Platz neben heterosexuellen Familienidealen lässt. Andere, realgelebte Modelle wie Freund*innenschaft, Patchwork, Alleinerziehende, Mehrelternschaft oder Wahlfamilien werden nicht nur ausgegrenzt, sondern fallen so hinter die gegenwärtig gelebte Realität weit zurück.
Doch die Strukturen der Wissensvermittlung im Digitalen sind vielfältig und dürfen nicht allein als in der Tendenz konservativ interpretiert werden. Die Vermittlung notwendiger und zum Teil lebensrettender Informationen geschieht über soziale Netzwerke hinaus. Gerade hier nehmen unterschiedliche digitale Infrastrukturen eine wichtige Rolle ein. Das zeigen etwa Initiativen wie Women on Web, die sich bereits seit 2005 für die Vermittlung von Informationen zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen und sich somit als digitales Beratungsangebot im Bereich der sicheren Abtreibung verstehen. Darüber hinaus unterstützt die kanadische gemeinnützige Organisation jedoch auch aktiv bei Abbrüchen: Sie bieten weltweit Online-Beratungen für Schwangerschaftsabbrüche an und leben so den ursprünglichen Netzwerk- und Emanzipationsgedanken des frühen Internets. Dabei hat sich die Arbeit von WoW professionalisiert: von einer Webseite des “pure[n] Chaos, sie war eine Art unzusammenhängendes Notizbuch von Rebecca [Rebecca Gomperts, die Gründerin von WoW], bestehend aus einer eklektischen Mischung von Texten und Bildern”, zu einem weltweiten digitalen Unterstützungsnetzwerk. Sie ist Raum persönlicher Erfahrungen und Geschichten, Ort wissenschaftlicher Informationen und Möglichkeit telemedizinischer Abtreibungen. Sie verstehen sich damit als Advokat*innen einer emanzipativen Gesundheitspolitik, die sich die Möglichkeitsräume digitaler Anwendungen in ermächtigender Weise zu eigen machen. Ebenfalls der Vermittlung sicheren Wissens rund um Schwangerschaftsabbrüche verschrieben haben sich Doctors for Choice – sie wollen ihr in langjähriger Erfahrung gesammeltes Wissen aus der Praxis im Sinne reproduktiver Rechte und Gerechtigkeit einsetzen. Dazu gehört in besonderem Maße, über die Möglichkeiten und Bedingungen von Abtreibungen zu informieren. In ihrem Beitrag für das Dossier stellen Jana Maeffert und Dani Nikitenko Informationen über den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch insbesondere in Deutschland zusammen und schildern, wie dieser digital begleitet und unterstützt wird. Sie machen deutlich, dass ein selbstbestimmter Abbruch in der eigenen vertrauten Umgebung nicht nur rechtlich möglich, sondern auch sicher und für die betroffenen Personen oftmals die richtige Wahl ist. Dabei ist auch diese Form der Wissensvermittlung nicht frei von Komplikationen So schildern WoW wie auch Doctors for Choice Probleme mit Falschinformationen, Abtreibungsgegner*innen oder Berichten von der Unterdrückung oder Löschung ihrer Informationen. Deutlich wird hier, wie umkämpft die Verbreitung von Wissen in digitalen Räumen ist, speziell über körperliche Selbstbestimmung und reproduktive Rechte, und dass aufklärerische und emanzipative Arbeit bis heute von Hürden und Schwierigkeiten geprägt ist. Derya Binışık richtet in ihrem Audiobeitrag ihren Blick ebenfalls auf reproduktive Gerechtigkeit im Kontext der digitalen Transformation, konkret mit Blick auf Reproduktionstechnologien. Gerade in diesem Kontext gelte es, alle Akteur*innen in den Blick zu nehmen und strukturelle Diskriminierung vorzubeugen. Dabei müssen uns immer wieder die Frage stellen, ob wir das, was technologisch möglich ist, wirklich wollen, und welche Interessen dabei in erster Linie vertreten werden.
In der Vermittlung von Wissen nehmen auch weitere digitale Infrastrukturen eine besondere Rolle ein. Gemein sind digitale Applikationen wie Apps, die elektronische Patient*innenakte oder Online-Kurse sowie Angebote im App-Bereich, die schwangere Personen in dieser Zeit begleiten, sind hier endlos. Wer einmal durch den App-Store nach Schwangerschaftsapps gescrollt hat, wird überwältigt und ratlos zurückgelassen, ganz ähnlich wie bei Zyklus-Trackings-Apps. Zudem ist es unersichtlich, was mit den ganzen Daten passiert, die all diese Apps sammeln. Die Suche nach einer Open-Source Alternative, die nur lokal die Daten auf dem Smartphone speichert, scheint vergeblich. Auch ein Blick in die einzelnen Apps zeichnet ein Bild einer Unzahl an wenig verwertbaren Informationen – “Dein Baby ist nun so groß wie eine Avocado”, “jetzt ist es an der Zeit mit deinem Partner über eine größere Wohnung oder vielleicht ein Haus nachzudenken”, “Tipps für den Papa: nimm deiner Frau Aufgaben im Haushalt ab” – und ist darüber hinaus an cis-heteronormativen Familienmodellen orientiert. Die Frage nach einer App, die sich an feministischen Standards messen lassen kann, taucht also unwillkürlich auf. Eine App, die die Selbstbestimmung in der Schwangerschaft in den Mittelpunkt rücken möchte, ist uma. Die App wurde von Hebammen gemeinsam mit Wissenschaftler*innen und werdenden Eltern entwickelt. Die ursprüngliche Idee dazu kam von Mirjam Peters – in ihrem Beitrag erläutert Mirjam, warum eine Schwangerschaft ein prägender Zeitraum ist, und weshalb gerade dann feministische Perspektiven eine so wichtige Rolle spielen und wie bzw. ob digitale Applikationen uns zu einer selbstbestimmten Schwangerschaft verhelfen können. Apps bieten dabei die Möglichkeit einer, wie Mirjam schreibt, “gute[n] gesundheitliche[n] Begleitung”. Sie bieten Ressourcen, um Schwangere gezielt anzusprechen: Sie sollen weder “verniedlicht, eingeschüchtert, von oben herab angesprochen” werden – dies verkleinere ihren Reaktionsraum und damit die Selbstbestimmung. Vielmehr gehe es darum, Apps als Möglichkeitsräume zu verstehen, die “eine Ansprache auf Augenhöhe” leben – und zwar indem unterschiedliche medizinische Optionen präsentiert, diskutiert und für schwangere Personen nachvollziehbar aufbebreitet werden. Die Komprimierung wissenschaftlichen Wissens in einer digitalen Applikation soll so zum Hebel einer selbstbestimmten Schwangerschaft werden.
Wenn es um körperliche Selbstbestimmung und reproduktive Rechte im Kontext des Digitalen geht, darf auch ein Blick in die Praxis nicht fehlen. So nehmen uns die beiden Hebammen Luisa Strunk und Francesca Orru mit in ihren Arbeitsalltag. Luisa Strunk geht in ihrem Beitrag auf den Einzug digitaler Anwendungen in ihrem Arbeitsalltag ein und wie sich dieser durch die Einführung der digitalen Patient*innenakte und der Möglichkeit von Online-Kursen sowie -Beratungen zunehmend verändert. Damit dies im Sinne der Praktiker*innen geschieht, fordert sie, dass “Hebammen in Zukunft beim Ausbau der Telematikinfrastruktur besser mitgedacht werden” müssen. Nur so können Prozesse der Digitalisierung nachhaltige, d.h. reproduktive Rechte fördernde Wirkung entfalten. Auch für Hebammen spielen die sozialen Medien zunehmend eine zentrale Rolle, wie Francesca Orru in ihrem Beitrag schildert. Sie können Mittel zum Zweck des Streikens und der dazu notwendigen Vernetzung sein, sowie auch als Medium für sexuelle Aufklärung rund um die Themen Geburt und Geschlecht dienen. Das veranschaulicht etwa der Instagram-Account und der zugehörige Blog von HalloHebamme. Doch mangelnde Transparenz und Zensur in sozialen Medien sind auch hier an der Tagesordnung – etwa indem die ökonomische Logik auf Reichweite setzt, welche allzu oft mit tradierten patriarchalen Strukturen verbunden ist und dabei der Selbstbestimmung von Gebärenden sowie ihren wichtigsten Helfer*innen, den Hebammen, allzu oft einen Strich durch die Rechnung machen.
In ihrem Audio-Beitrag wirft Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, für uns einen Blick auf den Zusammenhang von gynäkologischer Arbeit und Digitalisierung im Krankenhaus und lotet aus, wie die Digitalisierung im Krankenhaus eine Chance für die fürsorgliche Beziehung zwischen Patient*innen und Pflegepersonal darstellen kann. Katharina Mosene blick in ihrem Audiobeitrag ebenfalls in den Bereich Medizin und lotet Schwierigkeiten im Umgang mit der Digitalisierung aus – sei es im Bereich Datenschutz oder dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Fürsorge als Kern des allseits verwendeten Begriffs der Care-Arbeit meint das Für-andere-sorgen, sich kümmern, Verantwortung übernehmen. Dabei geht es natürlich um mehr als die Umsorgung von Kindern und schließt auch die Betreuung und Pflege von Angehörigen hohen Alters oder Menschen mit Behinderung ein. Auf diesen Zusammenhang geht Katharina Klappheck in einem Audiobeitrag für das Dossier genauer ein. Katharina macht deutlich, dass Menschen mit Behinderung nicht nur als Sorge-Empfänger*innen betrachtet werden dürfen, sondern selbst auch Sorgetätigkeiten leisten – und das auch im digitalen Raum. Im Wiederabdruck des Beitrags von Constanze Erhard mit dem Titel “Harmony’ Future I No Future w/o Harmony” werfen wir einen Blick auf das Thema Sexrobotik. Paula Ziethmann behandelt in ihrem Beitrag das Thema der Freund*innenschaft zwischen Mensch und Maschine und geht der Frage nach, ob Chatbots gegen menschliche Einsamkeit helfen können und somit eine wichtige Sorgetätigkeit leisten können.
Das Dossier beabsichtigt an dieser Stelle nicht, einen umfassenden Blick auf den Zusammenhang zwischen Care-Arbeit, reproduktiver Gerechtigkeit und Digitalisierung zu geben – vielmehr stellt es einen Startpunkt für eine in der Zukunft noch intensiver zu leistende Auseinandersetzung dar. Deutlich wird jedoch, dass auch im Digitalen weiterhin ein geschlechtsspezifisches Bild von Care-Arbeit vorherrscht, welches vor allem Frauen und weiblich gelesene Menschen in die Pflicht nimmt. Dass sich dieses Narrativ auch im digitalen Raum festigt, haben die Beobachtungen zu Elternschaft auf Instagram oder die mangelnde Transparenz sozialer Medien für feministische Themen wie die der Hebammenarbeit deutlich gemacht. Zwar haben sich die Möglichkeiten der Wissensvermittlung diversifiziert, ausschließlich emanzipatorisch sind diese jedoch keineswegs. Vielmehr prägen im Digitalen in hohem Maße ökonomische Verwertungslogiken die Handlungsmöglichkeiten. Damit kommt es zu einer spannungsgeladenen Gleichzeitigkeit: Während wir zunehmend beobachten, dass die Arbeit von Pflegeberufen und Care-Arbeit politisiert wird – wir denken hierbei vor allem an die Streiks von Pflegekräften etwa in den Berliner Krankenhäusern –, spielt sich im Digitalen eine monetäre Abwertung digitaler Sorgearbeit ab. Feministische Netzpolitik muss gerade zu solchen Entwicklungen Antworten suchen und in Zukunft finden.
Einige abschließende Worte zum Format des Dossiers. Das Dossier setzt sich aus längeren schriftlichen Beiträgen und kürzeren Audio-Beiträgen zusammen. Beide Formate nehmen dabei einen gleichwertigen Platz im Dossier ein und decken somit unterschiedliche Formate ab. Während die schriftlichen Beiträge meist mehr Raum haben, ein Thema grundlegender zu behandeln, sind die Audiobeiträge als Impulse gedacht und sollen sowohl knappe Einblicke, wie auch Denkanstöße leisten.
Digitalisierung erleichtert es Menschen Care-Arbeiten zu verrichten. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie es um reproduktive Gerechtigkeit in der digitalen Transformation steht konkret mit Blick auf Reproduktionstechnologien. Gerade in diesem Kontext gilt es, alle Akteur*innen in den Blick zu nehmen und strukturelle Diskriminierung vorzubeugen. Wir müssen uns immer wieder die Frage stellen, ob wir das, was technologisch möglich ist, wirklich wollen, und welche Interessen dabei in erster Linie vertreten werden.
von Derya Binışık
Transkription
Eine Transkripition wird an dieser Stelle schnellstmöglich ergänzt.
Mutterschaft ist in feministischen Diskursen oft ein Randthema. Künstliche Intelligenz könnte Wege aufzeigen, wie das Thema aktiver in feministische Kämpfe eingebunden werden kann.
Dieser Artikel ist zuerst in der Publikation „Wenn KI, dann feministisch. Impulse aus Wissenschaft und Aktivismus“ (netzforma*, 2020) in print erschienen.
Mütterliche Vorbilder
Mutter – eine Rolle, eine Identität, eine Berufung? Laut Google sind Mütter wie Engel, wie Bäume, wie Blumen und Muttersein ist anstrengend, schwer und hart.1 Dieses Paradox zeigt die Doppelmoral, die Müttern aufgebürgt wird, sehr deutlich: Wer Mutter ist, ist für Fürsorge, Freude und Bodenständigkeit zuständig, gleichzeitig ist Muttersein mit Anstrengung verbunden. Klar ist, dass Mutterschaft (als Kategorie) der Femininität zugeschrieben, genauso wie andersherum Femininität Muttersein kategorisch zugeordnet wird. Es ist eine vergeschlechtliche Zuschreibung, die die Binarität der Geschlechter synonym zu Frau als biologische Einheit zementiert. Im feministischen Diskurs ist Mutterschaft zwischen “Gleichheits-, differenzfeministischen und poststrukturalistischen Ansätzen” umstritten, nicht zuletzt da sie oft im Zusammenhang mit der körperlichen Erfahrung der Schwangerschaft gesetzt wird und noch immer heteronormativ besetzt ist (Krüger-Kirn und Wolf 2018). Die Unterscheidung zwischen Mutterschaft und Mütterlichkeit ist dabei wichtig, denn letzteres sei weder an ein bestimmtes Geschlecht noch an Care-Verantwortung für eigene Kinder gebunden und könne außerdem auch in der Rolle als Onkel, erwachsene Freundin oder Mentorin verwirklicht werden (Grobner 2020).2
Muttersein ist so alt wie die Menschheit, so auch die Erzählungen darüber. Globalisierung hat viele Aspekte, die es zu kritisieren gibt, vom Kolonialismus bis zur Klimakrise. Doch sie hat uns digital globalisiert und dadurch Geschichten auf unsere Bildschirme gebracht, mit denen wir Identifikation für marginalisierte Perspektiven erhalten können, die es im linearen deutschen weißen Mainstream-Fernsehen so nicht gibt. “Film und Fernsehen beinhalten ein kulturdiagnostisches Potenzial, in dem sie Einblicke in kulturelle und gesellschaftliche Problemlagen vermitteln und kulturelle wie gesellschaftliche Debatten aufzeigen”, erklärt Krüger-Kirn. Doch schauen wir in popkulturelle Medien, suchen wir meist vergebens nach Repräsentationen, die über die konventionelle heteronormative Bilderbuchfamilie hinausgehen. Wir sehen Mutterfiguren in verschiedenen Rollen im Fernsehen – dank der immer weiter wachsenden Nachfrage nach digitalen Serienformaten, können wir mit einem Klick unsere Serienlieblinge á la carte auswählen, ob in Mediatheken, bei Netflix, Amazon Prime oder anderen Pay-TV-Kanälen. Sie sind unsere alltäglichen Begleiter, vor allem in Zeiten des zunehmenden Zuhausebleibens wie derzeit in der Corona-Pandemie. Ob Modern Family oder Black’ish das Familienevent zum Abendbrot sind oder wir alleine The Handmaids Tale (Der Report der Magd) binge-watchen – die Auswahl ist vermeintlich endlos. Gerade Fernsehserien können uns so gut im Alltag begleiten, da sie durch ihr serielles Erzählen sich wiederholende Erzählstränge haben oder durch das Episodenformat selbstbestimmt portioniert werden können. Anders als Filme erlauben sie die Entwicklung komplexer Charaktere oder Handlungsstränge über einen längeren Zeitraum. Erzählungen über Familien gibt es zahlreiche, doch wenige zeigen Patchwork-Familien, in denen Latinx-Personen in den Hauptrollen sind und gleichzeitig queere Elternschaft thematisiert wird, wie es Modern Family oder auch Once Upon a Time erfolgreich zeigen. Viele Serien handeln von komplexen Vaterfiguren, nur selten von Müttern in ihrer Komplexität. Häufig treibt die Abwesenheit der Mutterfigur die Handlung an wie zum Beispiel in Full House oder aber Mütter in heteronormativen Familienkonstellationen werden lediglich als Hausfrau ohne eigene Bedürfnisse oder als Powerfrau, die Beruf, Kindererziehung und Haushalt komplett alleine managed, gezeigt. Eine der erfolgreichsten Serien, die eine innige Mutter-Tochter-Beziehung in all ihrer Vielfalt in den Vordergrund gestellt hat, ist Gilmore Girls. Auch wenn die Serie stark in einer postfeministischen Tradition steht, die neoliberale Werte des amerikanischen kapitalistischen Systems spiegelt und blind gegenüber Themen wie Rassismus, Klassismus, oder Fettphobie bleibt, ist sie Teil der popkulturellen Erzählung, die Muttersein lebensnah in Alltagssituationen schildert. 20 Jahre ist das Debüt von Gilmore Girls her. Seitdem hat es wenige innovative Erzählungen von Mutterschaft gegeben. Aktuelle Beispiele geben Hoffnung auf eine feministischere Erzählung von Mutterschaft und Elternsein in ihrer Komplexität in unseren alltäglichen Unterhaltungsformaten. Dazu gehören: die australische Serie The Letdown (Milcheinschuss), die alltägliche Situationen neuer Eltern wie Stillen, Schlaflosigkeit, Karrierepläne, Beziehungskonflikte und auch die Beziehung zu anderen Eltern mit gleichaltrigen Babys zeigt, die kanadische Serie Working Moms, in der sich vier Mütter über Karriere, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Stillen, queere Elternschaft, oder Vaterfiguren in ihrer Mutter/Vater-Kind-Gruppe austauschen, die amerikanische Good Girls, in der drei Mütter aus finanzieller Not und Sorge um ihre Familien einen Supermarkt ausrauben und dabei ihre Rollen in den jeweiligen Familienkonstellationen aushandeln, die amerikanische in den 90er Jahren spielende Serie Little Fires Everywhere, die Klassismus, Rassismus, Heteronormativität, Mutterschaft, Leihmutterschaft und Karriere thematisiert, sowie Jane the Virgin, die sich um den drei Generationen-Haushalt der Villanueva Frauen und ihre Perspektive u.a. auf Mutterschaft, künstliche Befruchtung, Patchwork-Familie oder Schwangerschaftsabbruch dreht.
Feminismus und Mutterschaft
Innerhalb der feministischen Kreise ist Mutterschaft eher wenig sichtbar. Zum einen liegt es vermutlich daran, dass der Kampf um reproduktive Rechte und die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs selten mit Themen der Elternschaft zusammen gedacht werden. Und das obwohl viele Schwangerschaften von Personen abgebrochen werden, die bereits Eltern sind, häufig aus finanziellen Gründen (Profamilia 2018). Zum anderen liegt es daran, dass viele Frauen* noch immer gegen die Stigmatisierung zu kämpfen haben, keine Kinder haben zu wollen. Eine Zukunft sollte die Entscheidung für oder gegen Kinder allen Menschen gleichermaßen zugänglich machen, immer und überall, unabhängig von kulturellem oder sozialem Kontext. Das Konzept der reproduktiven Gerechtigkeit3, das Ende der 90er Jahren von BIPOC Feminist*innen zusammen mit LGBTIQ+ Communities und anderen marginalisierten Gruppen, zusammengeschlossen als SisterSong4, in den USA begründet wurde, sollte Teil unserer feministischen Zukunft sein. Es vereint die intersektionalen Kämpfe, für BIPOC Frauen und trans*, inter und nicht-binäre Personen sich für Kinder zu entscheiden, es kämpft gegen rassistische Ressentiments in der Geburtshilfe, genauso wie es für das Recht auf den Schwangerschaftsabbruch und für die Gerechtigkeit in der Selbstbestimmung über den eigenen Körper einsteht. Dass dies eine Bewegung ist, der sich auch weiße Feminist*innen anschließen können, in Anerkennung an die bisherigen Erfolge der Schwarzen Bewegung aus der das Konzept entstanden ist, können wir in Zukunft lernen, auch in Deutschland. “I am not free while any woman is unfree, even when her shackles are very different from my own”, hat Audre Lorde bereits 1981 gesagt. Dies müssen auch weiße Frauen* anerkennen und Allianzen für die Selbstbestimmung, reproduktiven Rechte und soziale Gerechtigkeit schließen.
Digitalisierung hat das Potential, die Zukunft von Mutterschaft maßgeblich zu gestalten und dadurch gerechter, feministischer zu machen. Zum einen gibt es zahlreiche Aktivist*innen, die über soziale Medien Bildungs- und Aufklärungsarbeit leisten, u.a. zu Themen rund um reproduktive Gerechtigkeit, Geburtshilfe, Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, queere Elternschaft sowie allgemein auch das alltägliche Leben mit Kindern. Egal ob Blogger*innen, Influencer*innen oder Aktivist*innen – das Internet macht es möglich, sich zu informieren, auszutauschen, sich nicht allein zu fühlen, über nationale Grenzen hinweg. Die stetige Weiterentwicklung digitaler Tools und Methoden kann das Leben erleichtern und unterstützen. Unser Zeitalter der Digitalisierung ist nicht mehr ohne Künstliche Intelligenz (KI) denkbar. Sie findet mittlerweile in vielen Bereichen Anwendung, seien es Vorhersagen über unsere Fruchtbarkeit oder über die Gesundheit eines Fötus, und die Prognose ist: KI wird unsere Zukunft bestimmen. Dies wirft Fragen auf: Wer programmiert diese Algorithmen und wer trainiert die Datensätze, mit denen die KI derartige Vorhersagen trifft, auf denen Entscheidungen über Leben und Tod basieren? Wer bleibt in Entscheidungsprozessen in einer aktiven Rolle einbezogen? Wie kommen KI und Mutterschaft zusammen und wie entwickeln wir diesen Zusammenhang feministisch?
Allheilmittel gegen Unfruchtbarkeit?
Operieren bald nur noch Roboter? KI rettet mittlerweile Leben, oder zumindest hilft sie beim Erhalt von Lebensqualität. KI kann das Leben mit Diabetes erleichternd unterstützen (Contreras 2018) und vor allem in der Medizin bei der Früherkennung von Karzinomen helfen, da Algorithmen viel zuverlässiger und schneller Muster für Tumore erkennen können, als das menschliche Auge. Vergessen wir nicht: errare humanum est (non secundum apparatus). Das darf aber bei weitem nicht heißen, dass Entscheidungen irgendwann von Maschinen getroffen werden. Auch in der Reproduktionsmedizin spielt Technik eine immer stärker werdende Rolle. Wer schon einmal in einem Kreißsaal entbunden hat und viele Stunden Wehen und Herzschlag überwachen lassen musste, kennt das: Hebammen fehlen an allen Stellen, eine Hebamme beobachtet mehrere Entbindende und den Herzschlag der Babys gleichzeitig per Monitor, nur, wenn maschinell eine Unregelmäßigkeit gemeldet wird, kümmert sich die Hebamme. Fürsorge im Kreißsaal kann aufgrund der personellen Bedingungen kaum noch geleistet werden, doch auch keine Maschine kann diesen Moment kurz vor und nach der Geburt fürsorglich begleiten. Der Diskurs rund um Geburtshilfe ist hoch politisiert, doch findet die Berücksichtigung aller Aspekte rund um die Geburt, wohl bemerkt dem Ursprung unser aller Leben, bei politischen Entscheidungen kaum bis gar keine Rolle. Kreißsäle schließen in ländlichen Regionen5, sodass Entbindene unter Umständen hunderte Kilometer ins nächste Krankenhaus fahren müssen. Kaum eine schwangere Person findet in Berlin eine Schwangerschaftsbetreuung von einer Hebamme, da es aufgrund teils katastrophaler Arbeitsbedingungen und fehlender politischer Maßnahmen für faire und angemessene Bezahlung immer weniger von ihnen gibt. Wie wäre es denn, wenn uns eine KI ausrechnet, wie viele Hebammen an welcher Stelle gebraucht werden, und wie finanzielle und zeitliche Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden können, um dem Aussterben einer der wichtigsten Care-Berufe entgegen zu wirken, statt zu schauen, an welcher Stelle KI Personal ersetzen kann? Es scheint eine banale Rechnung, die eine KI sofort erlernen kann. Tatsächlich hat beispielsweise der Deutsche Hebammen Verband e.V. auf seiner Webseite ein Tool entwickelt, das die aktuellen Bedingungen der Geburten in Deutschland kartiert und so anhand der Datensammlung Unterversorgung direkt darstellt. Derartige Berechnungen werden politisch jedoch zu wenig beachtet, da es das patriarchale System, das die Geburt auch nur als Teil des kapitalistischen Zyklus von Produktion und Reproduktion sieht, für undenkbar radikal hält.
Neoliberales Versprechen der Reproduktion
Befürworter*innen von KI-Einsätzen in der Geburtsmedizin schwärmen vielleicht davon, dass KI entscheiden kann, ob eine Geburt natürlich oder per Kaiserschnitt durchgeführt werden kann. Durch maschinelles Lernen sollen Interventionen und Komplikationen auf das notwendige Minimum reduziert werden können. Die Idee, oder besser das Ideal, lautet: Wenn KI fetale Bewegungen, Atemmuster und Biosignale wie Herzfrequenz oder Blutdruck lesen und zuverlässig entscheidende individuelle Muster in der Physiologie, den Emotionen und Verhaltensweisen von Mutter und Baby erkennen könne, und so genau erlerne, welche Kombinationen von Mustern zu welchem Ergebnis führen, könnte ein solches System verwendet werden, um zu bestimmen, was während der Wehen zu tun sei (Topalidou and Downe 2019). Darüber hinaus kann KI auch schon vor der Geburt beispielsweise bei Plazentauntersuchungen auf Unregelmäßigkeiten auf einem Computerbild schneller aufmerksam machen und so im Zweifel Erkrankungen frühzeitig erkennen (Stephens 2020). Am MIT in Boston hat eine Gruppe von Forscher*innen bereits einen KI-Roboter für den Kreißsaal entwickelt. In einer Studie kam heraus, dass die beteiligten Ärzt*innen und Pfleger*innen Empfehlungen dieses Roboters in 90% der Fälle akzeptierten, gleichzeitig kam aber auch heraus, dass die Fehlerquote ähnlich hoch war, unabhängig von der Anwesenheit des Roboters. Daraus schlossen sie zwar, es sei sicher, eine KI in der Geburtshilfe einzusetzen (Topalidou and Downe 2019), doch warum sich auf KI stützen, wenn sie am Ende doch nicht besser agieren kann als Menschen? Hinzu kommt der emotionale Aspekt einer Geburt, den keine KI je wird ersetzen können. Es ist bekannt, dass eine fürsorgliche Begleitung und menschlich emotionale und psychologische Unterstützung sowohl für Entbindene als auch für Säuglinge die gesundheitlichen Folgen der Geburt verbessern sowie auch langfristige Auswirkungen auf das Erwachsenwerden des Neugeborenen haben können (ebd.). Keine schwangere Person sollte während der Geburt auf Alexa oder Siri als Geburtshelferin angewiesen sein müssen, ohne jeglichen menschlichen Kontakt.
Ein zentraler Teil der Reproduktionsmedizin ist Künstliche Befruchtung. Forscher*innen preisen KI als wesentlichen Teil der Lösung für ungewollte Kinderlosigkeit in der Zukunft an. Es wurden bisher schon mehrere Techniken maschinellen Lernens bei künstlichen Befruchtungen eingesetzt, um die Leistung der assistierten Reproduktionstechnologie (ART) zu verbessern (Wang et al. 2019). Auch wenn es nach wie vor viele Herausforderungen und Probleme gibt, haben Entwicklungen der ART wie die assistierte Befruchtung, genetische Präimplantationstests und Technologien zur Embryonenauswahl, die klinische Schwangerschaftsrate in den letzten 40 Jahren seit der Geburt des ersten Babys mit In-vitro-Fertilisation (IVF) stark verbessert (ebd.). Noch immer ist es schwierig, die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft – genauso wie die Ursache für jeden Misserfolg – vorherzusagen oder zu verstehen. Ein Ansatz der KI-basierten Methoden ist es, Daten komplexer Diagnosen und Therapiebehandlungen zu sammeln und auszuwerten, um Unfruchtbarkeit bei Patient*innen besser behandeln und prognostizieren zu können. Dabei kann diese KI effizienter und wirksamer den Behandlungszyklus der ART optimieren. (ebd.) Eine Verbesserung der IVF durch die Nutzung von Algorithmen für bessere Vorhersagen über den besten Zeitpunkt im Zyklus für die Empfängnis könnte für Betroffene finanzielle Entlastung durch niedrigere Kosten bedeuten sowie die Minderung traumatisierender Erfahrungen durch Frühaborte (Ducharme 2019).
Weitaus bekannter ist die Anwendung von Algorithmen bereits im Bereich des Menstruationstrackings, durch Apps wie Flo, Clue oder drip. In diesen Apps können Menstruierende ihren Zyklus, körperliche Symptome, sexuelle Aktivität und ihre Fruchtbarkeit, z.B. für natürliche Familienplanung (NFP), überwachen. Diese Apps sind mittlerweile für den privaten Gebrauch der hormonfreien Verhütung und/oder der Zyklusüberwachung6 weit verbreitet, werden darüber hinaus aber auch im Bereich der künstlichen Befruchtung angewendet, um Fruchtbarkeit noch besser zu überwachen. Apps wie Mira, kombinieren die Selbstberichte mit Urintests der User*innen zu Hause, mit denen die App den Hormonspiegel verfolgen kann, um Fruchtbarkeit noch genauer vorhersagen zu können (ebd.). Dr. Jessica Spencer, Direktorin der Abteilung für reproduktive Endokrinologie und Unfruchtbarkeit an der medizinischen Fakultät der Emory Universität, erkennt das große Potential von KI für künstliche Befruchtung, da Algorithmen die notwendigen Variablen errechnen kann, die Unfruchtbarkeitsrisiken weit im Voraus einschätzen kann, genauso wie ein Protokoll für Menschen mit Uterus, die versuchen per IVF schwanger zu werden, individuell zuschneiden kann (ebd.). Wie hilfreich KI beim Einsatz dieser Datenverarbeitung ist, zeigen diese Entwicklungen deutlich. Trotz dieser zunehmend wichtigen Rolle von KI in der Medizin, wird sie Ärzt*innen in Zukunft wohl kaum ersetzen (ebd.).
Fruchtbarkeitsdiskurs braucht Feminismus
Wie so oft fehlen in solchen Diskussionen und Zukunftsmelodien sichtbare feministische Perspektiven. Bei Tracking-Apps geht es nämlich in der Regel um Kaufkraft und Daten, statt Probleme der Gesundheitsversorgung zu lösen (Kochsiek 2019). Wie die Algorithmen die eingegebenen Daten über die Menstruation der User*innen auswerten, ist zumal sehr intransparent. Einige der Apps bieten sogar das Teilen der Daten mit Facebook oder Google an, die großes Interesse an den privaten Datensätzen haben. Bisher haben zwar Krankenkassen keinen Zugriff auf solche Gesundheitsdaten, doch das Nutzungsverhalten wird für gezielte Werbung, durch die sich solche Apps meist finanzieren, bereits verwendet (ebd.). Datenschutz und -sicherheit müssen im Vordergrund stehen und nicht verkauft werden, um die neoliberale Marktlogik mit mehr und mehr Daten zu füttern. “Denn es braucht mehr Technik-Transparenz und aufrichtige Algorithmen, die auf die Begrenztheit ihrer Aussagekraft hinweisen oder zu vage Aussagen gar nicht erst treffen”, fordert Kochsiek (ebd.). Es gibt natürlich Ansätze, wie etwa die Tracking-App drip, eine Open-Source Alternative, die Daten nur lokal auf dem Smartphone speichert, und genauso funktioniert wie all die anderen Apps.
Bei der Diskussion um IVF und KI fehlt zudem ganz klar eine kritische Perspektive darauf, wie fremdbestimmt sie laufen. Die uralte Sage der tickenden biologischen Uhr gilt immer noch als Grundlage für die Errechnung von Fruchtbarkeit, und dabei wird den Menschen mit Uterus in der Regel ein Zeitfenster von 7-10 Jahren gegeben, obwohl dies fern von der Lebensrealität der meisten ist. Der Druck auf Menschen mit Kinderwunsch bettet sich ein zwischen biologisch-zeitlichem Narrativ, dem Baby als Karrierekiller (Rosales 2020) und neuerdings auch den negativen Auswirkungen auf das Klima (Bücker 2020).7 Gleichzeitig fehlt eine öffentliche Diskussion über das Tabuthema Fehlgeburt. Allein linguistisch steckt ein stigmatisierendes Narrativ hinter dem (spontanen) Abort, über den sich kaum Menschen zu sprechen wagen – denn vor den ersten drei Monaten sollte sowieso niemand über Schwangerschaft und die möglichen Folgen sprechen. Tick tock, eine tickende Zeitbombe jagt die andere. Tatsächlich erlebt knapp jeder dritte Mensch mit Uterus eine oder mehrere Fehlgeburten (Grobner 2020), aber weder über Fehlgeburten noch über ungewollte Kinderlosigkeit sprechen Mainstream und feministische Communities gleichermaßen. “Fertility Gap heißt jene Lücke zwischen Kinderwunsch und tatsächlicher Kinderanzahl”, erklärt Grobner, und er ist vor allem unter Akademiker*innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz besonders groß (ebd.). Lebensrealitäten wie etwa von lesbischen cis Frauen, die häufig von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen sind, oder von trans* Personen8, werden in Studien über Fruchtbarkeit erst gar nicht berücksichtigt. Diverse Lebensrealitäten von allen Personen mit Kinderwunsch müssen den Zukunftsvisionen von KI als Allheilmittel gespiegelt werden und die Diskussionen im Mainstream und innerhalb feministischer Kreise müssen offen und transparent geführt werden. Sie müssen außerdem auch antirassistisch geführt werden, denn häufig kristallisiert sich eine biologistische Logik auf Elternschaft heraus, die vor allem im Westen vorherrscht.
Wenn KI, dann feministisch
Mutterschaft und KI gehören in einer feministischen Zukunft zusammen, und das nicht, weil Algorithmen schlauer sind als Menschen und aufgrund ihres online Kauf- und Suchverhaltens früher wissen, ob jemand schwanger ist, als die Person selbst. Ein Projekt in Kenia hat zum Beispiel gezeigt, dass KI einen Chatbot trainieren kann, der typische Fragen, die viele Eltern während einer Schwangerschaft und in den ersten Monaten nach der Geburt über das Baby haben, beantwortet – viele Menschen ohne höheren Bildungsabschluss verfügen nicht unbedingt über den Zugang zu neuesten Technologien oder zum Internet, deshalb funktioniert dieser Service per SMS (Rajasekharan 2019). Auch in Europa und den USA gibt es einen solchen Chatbot in der App Muse9, die es auch als SMS Funktion gibt, allerdings einen monatlichen Beitrag erfordert (Anderson 2018).
Technik kann nicht den Sozialen Aspekt von Mutterschaft ersetzen, denn Technik kann nicht fürsorgen. Dystopische Sci-Fi-Szenarien gaukeln uns vor, dass das böse Erwachen bevorsteht, in dem Android*innen Föten mit dem vielversprechenden Genmaterial im Reagenzglas heranzüchten (wie der Film I am Mother thematisiert) und die menschliche Mutter ersetzen werden. Doch welche Frage tatsächlich gestellt werden muss, vor allem im weißen westlichen Narrativ von Mutterschaft: wer darf Mutter sein und was können wir hier in Deutschland noch dazulernen aus Bewegungen wie der Reproduktiven Gerechtigkeit? Wie können innerhalb feministischer Diskussionen auch Perspektiven von Elternschaft und Mutterschaft zugelassen werden, zum einen diese nach dem Wunsch von Kindern, sowie nach dem Wunsch keine Kinder zu bekommen, aber auch zur Dekonstruktion naturgegebener Mutterliebe, wie es z.B. der Hashtag-Trend #Regrettingmotherhood gezeigt hat?
Wenn Firmen damit werben, wie gut KI und Roboter in der Kindererziehung eingesetzt werden können (Kadyrov 2019), seien es die Kameras im Babybett, die Matratze, die den Herzschlag des Kindes mit überwacht, oder die GPS-Tracking-App auf dem Smartphone der jugendlichen Kinder, ist dies hoch problematisch und bedarf unserer Aufmerksamkeit. KI darf nicht zur Überwachung von Kindern ausgenutzt werden und darüber hinaus noch diese Daten an Unternehmen geben, die nicht transparent machen, was mit den Daten passiert oder sie zu Werbezwecken verkaufen. Eine Zukunft der digitalen Welt ist transparent bezüglich der Daten, Überwachung ist reguliert und Unternehmen schöpfen keinen Profit aus den persönlichen Daten der Menschen.
Klar ist auch: Care-Arbeit muss aufgewertet werden, sowohl die bezahlten Berufe im Care Bereich wie Krankenpflege, Altenpflege und Kindererziehung, aber vor allem auch die unbezahlte Care-Arbeit und mentale Arbeit (Stichwort Mental Load), die vor allem auf den Schultern von Frauen* lastet. Wie können wir digitale Technologien wie KI einsetzen, damit Mutterschaft davon profitiert? Oder muss die Frage vielleicht auch lauten: wie kann Mutterschaft KI beeinflussen, damit sie gerechter, feministischer wird? Wie und wo würde KI eingesetzt und bedarfsorientiert programmiert werden, wenn diese Perspektiven auf der Entscheidungsebene vertreten sind? Erinnern wir uns an die mütterlichen Vorbilder aus unseren Lieblings-Fernsehserien: eine feministische Zukunft zeigt Mutterschaft, Mütterlichkeit, Elternschaft und Familie vielfältig, weder nur positiv, noch nur negativ, schafft Vorbilder für alle Menschen und erlaubt uns, in und mit diesen Erzählungen auch mal von unserem Alltag abzuschalten. Denn eines bleibt: eine feministische Zukunft der KI ist nur mit Mutterschaft denkbar und Mutterschaft ist nur dann zukunftsfähig, wenn die gesellschaftliche Vorstellung von ihr dekonstruiert und queere, trans* und nicht-binäre Menschen miteinschließt. Das heißt für uns: Wenn KI, dann feministisch.
Fußnoten
Bibliographie
Women on Web ist eine NGO bestehend aus Ärzt*innen, Künstler*innen, Forscher*innen und Aktivist*innen, die 2005 von der niederländischen Ärzt*in Rebecca Gomperts gegründet wurde. Seitdem kämpft Women on Web kontinuierlich für den sicheren und einfachen Zugang zu Abtreibungspillen. Besonders bekannt ist sie für den telemedizinischen Service in 16 Sprachen, der Menschen auf aller Welt zu einer Abtreibung zu Hause verhilft.
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